Headerfoto Presse MZ 28.12.2016

Presse MZ 28.12.2016

Gründung eines Mieterbeirates bei der DWG

Mieterbeirat für die DWG? VORSCHLAG Linke fordert Gremium für Wohnungsbaugesellschaft. Es soll helfen, die Stadt als Wohnstandort aufzuwerten. Der Mieterbund hält dagegen.

VON LISA GARN

DESSAU-ROSSLAU/MZ – Mieter der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) sollen mehr mitreden können. Das fordert die Linke-Fraktion im Stadtrat und regt an, einen Mieterbeirat zu gründen. Der Vorschlag ist umstritten. So sieht der Mieterbund in Dessau ein solches Gremium skeptisch. Die DWG selbst will sich mit dem Thema zur Sitzung des Verwaltungsrates Mitte Februar befassen. Äußern will man sich erst nach dieser Sitzung.

Beirat soll Anliegen bündeln

„Wir wollen als Wohnstandort attraktiver werden. Dafür brauchen wir aber andere Ansätze“, sagt Ralf Schönemann, Vorsitzender der Linke-Fraktion im Stadtrat. Über einen Beirat für die städtische Gesellschaft soll Einfluss auf die Entwicklung der DWG genommen werden. Denn die, so Schönemann, stelle nicht zufrieden. „Es ist Akzeptanz verloren gegangen. Aus Gesprächen wissen wir, dass unter Mietern Unzufriedenheit herrscht.“ Zum Stand von Sanierungen, zur Ausstattung der Wohnungen, zur Gebäudetechnik, zur Instandhaltung kämen Klagen. Ziel sei es, die DWG im Wettbewerb der Wohnungsunternehmen zu stabilisieren und die Qualität der Standorte zu verbessern.

„Die meisten Einwohner in der Stadt sind Mieter. Sie brauchen eine größere Lobby, eine Stimme, einen Vermittler“, sagt Schönemann. Sie sollen ein Mitspracherecht bekommen, wenn es um die weitere Entwicklung und Aufwertung von Quartieren geht. Der Beirat soll Anliegen und Probleme bündeln, weitergeben und Vorschläge machen können. „So können Probleme schneller gelöst oder schon vorher vermieden werden.“ Das diene einem sozialen Miteinander in Wohnanlagen, aber auch einem vertrauensvollem Verhältnis zwischen Mietern und DWG. Wichtige Partner seien ebenso die Stadtbezirksbeiräte.

Dessau-Roßlau soll, so Schönemann, das anbieten, was es in Metropolen längst nicht mehr immer gibt: Wohnungen zu fairen Preisen. Die explodierenden Miet- und Grundstückspreise in Ballungsgebieten könnten eine Chance für die Stadt sein. „Wir wollen uns als Wohnregion anbieten. Es muss bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, in dem es ein breites Angebot von schlicht bis Loft gibt.“ Neue Qualität brauche aber neue Konzepte in der Entwicklung und Vermarktung von Wohnungen. „Dabei spielt die Mitbestimmung des Mieters eine wesentliche Rolle.“ Die Linke will per Satzung die DWG zur frühzeitigen Information bei wichtigen Fragen verpflichten. Der Mieterbeirat soll ein Informations-, Anhörungs- und Vorschlagsrecht bekommen.

Schönemann sieht den Beirat als Pilotprojekt. Ob ein Gremium pro Quartier oder ein übergreifendes eingerichtet werden könne, solle diskutiert werden. Einen Beschlussvorschlag hatte die Linke im November eingebracht, er wurde im Hauptausschuss vertagt. Kritisch angemerkt hatten Mitglieder, dass der DWG von außen ein Gremium aufgezwungen werde. Man solle auch die Mieter fragen, ob sie einen Beirat wollen. Schönemann entgegnet auf Nachfrage: „Wir sehen das nicht als Bevormundung oder Einmischung.“ Positionieren muss sich nun die DWG, am Ende entscheidet der Stadtrat.

Kritik vom Mieterbund

Der Mieterbund in Dessau-Roßlau hält den Vorschlag für „reichlich unausgegoren“. „Die DWG hat etwa ein Drittel aller Wohnungen im Bestand. Dieser Beirat würde also nicht alle Mieter abbilden“, sagt die Vorsitzende Gabriele Perl. Der Vorstoß lenke von eigentlichen Problemen ab. „Wir haben tatsächlich ein Akzeptanzproblem. Weil Mieter durch Umzüge nach Abriss oder nach Modernisierungen wesentlich höhere Mieten zahlen müssen – teilweise doppelt so viel wie vorher. Oder weil Betriebskosten exorbitant hoch sind, wenn Wohnungen unsaniert sind oder in einem halb leeren Block liegen.“ Auch sei der Wohnraum im unteren Preissegment inzwischen knapp.

Diese Entwicklung könne aber auch ein Mieterbeirat nicht aufhalten. „Wenn die DWG Modernisierungen beschließt, dann ist das beschlossen. Sie ist da nicht an einen Mieterbeirat gebunden.“ Perl sieht auch die seit diesem Jahr eingesetzten Stadtbezirksbeiräte als Ansprechpartner für Mieter. „Sie sollen ihre Arbeit machen können, bevor wir schon das nächste Gremium gründen.“

Kommentar S. 8

„Wir wollen als Wohnstandort attraktiver werden.“

Ralf Schönemann

Vorsitzender Linke-Fraktion

zurück